Im Mittelpunkt der Chronik, die der Schweriner Udo Brinker zusammengestellt hat, steht die bauliche Entwicklung Schwerins. Die Chronik entstand über einen Zeitraum von etwa 50 Jahren „mit unterschiedlicher Aktivität“, wie Brinker sagt. Unsere Zeitung veröffentlicht sie in Jahreszahlen anlässlich des diesjährigen Stadtjubiläums Schwerins in loser Folge. Heute: Teil 55.
• 1812: Errichtung der Justizkanzlei in der Wismarschen Straße (seit 1841 Schelfstraße) durch Hofbaumeister Johann Georg Barca als Fachwerkhaus mit schönem Krüppelwalmdach nach Abriss eines Vorgängerhauses. 1813 zog die Justizkanzlei aus dem ehemaligen Bischofshaus um. 1829 erfolgte eine Neuregelung der territorialen Zuständigkeiten der Kanzleien in Mecklenburg-Schwerin. Die Justizkanzlei erhielt 1837/38 durch Demmler die heutige spätklassizistische massive Fassade. Ab 1919 war sie Landesgesundheitsamt.
• 8.-12. Dezember 1812: Die geschlagenen französischen Truppen vom Russlandfeldzug bezogen im Alten Palais ihr Hauptquartier. Am 6. Juni 1812 waren 48 Offiziere und 1652 Unteroffiziere und Mannschaften aus Mecklenburg-Schwerin mit den Franzosen gegen Russland in den Krieg gezogen. Nur 26 Offiziere und 128 Mann kehrten davon nach Mecklenburg zurück.
• 14. März 1813: 1200 russische Kosaken unter General Trettenborn rückten in die Residenz Ludwigslust ein. Am gleichen Tage sagte sich Herzog Friedrich Franz I. als erster deutscher Fürst vom Rheinbund los. Der mecklenburgische Herzog hatte sich auch als letzter deutscher Fürst dem Rheinbund angeschlossen.
• 25. März 1813: Herzog Friedrich Franz I. rief seine Untertanen vom 17. Lebensjahr an zu den Waffen. In Mecklenburg-Schwerin wurden aus den Freiwilligen zwei Jägerregimenter gebildet, eins zu Fuß und eins zu Pferde, jedes in der Stärke von 600 Mann.
• Juni 1813: Aus Männern zwischen 18 und 65 Jahren aus Mecklenburg wurde der Landsturm aufgestellt. Nur wenige hatten ein Gewehr, die meisten nur Forken und Knüppel.
• 23. August 1813: Von Hamburg zogen 10 000 Franzosen unter General Davoust zum zweiten Mal gen Osten und erreichen Schwerin. Am nächsten Tag folgten noch weitere 20 000 Franzosen nach. Die 30 000 Franzosen machten für elf Tage in Schwerin Quartier, es begann die so genannte zweite Franzosenzeit.
• 2. September 1813: Ein gemeinsamer Angriff von Kosaken unter General Trettenborn und deutscher Truppen unter General Wallmoden drängte die letzten Franzosen aus Schwerin für immer in Richtung Ratzeburg und Mölln ab.
• 3. September 1813: Die ersten Kosaken zogen in Schwerin ein und wurden von den Schwerinern freudig begrüßt.
• September 1813: Erstmalige Nutzung des Großen Dreesch als militärischer Übungsplatz für die deutsch-russische Legion im Befreiungskampf gegen Napoleon. Bis zur Anlage eines Schießplatzes für die Artillerie im Buchholz, das damals den späteren Dreesch teilweise mit einschloss, gab es auf diesen Flächen keine militärische Nutzung. Die Bezeichnung Großer Dreesch kam erst später auf. Im Wort Dreesch steckt die niederdeutsche 3 (Dree) und bezieht sich wahrscheinlich auf die Dreifelderwirtschaft. In der Schmettauschen Karte von 1786 wird der spätere Dreesch noch mit Mittelfeld bezeichnet.
• 15. April 1814: Auf dem Galgenberg, jetzt Standort des Sportgymnasiums, fand die letzte Hinrichtung statt. Die Tagelöhnerin Siggelkow, die 1810 ihren Mann in ihrem kleinen Häuschen auf der Bleicherwiese am Spieltordamm im Schlaf mit einer Axt erschlagen hatte, wurde von einem Lübecker Scharfrichter enthauptet.
Ein Teil des Großen Dreesches in Schwerin diente vor 100 Jahren als Kriegsübungsplatz
Wie viele andere größere Städte in Deutschland hat auch Schwerin seine Neubaugebiete aufzuweisen. Das größte, der weit vor der Stadt liegende Große Dreesch, entstand in den letzten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Das Flurstück wurde schon von vorangegangenen Generationen in vielfältigster Weise genutzt. Bereits in den frühen Jahren des 19. Jahrhunderts blieb ein Teil des Geländes, später auch der große Exerzierplatz genannt, militärischen Zwecken vorbehalten. 1813 bereiteten sich hier Soldaten der russisch- deutschen Legion auf ihren Einsatz gegen Napoleon vor.
In den 1848erRevolutionswirren übte sich an selber Stelle die Schweriner Bürgerwehr, ein Spektakel, welches auch zahlreiches Publikum vor die Tore der Stadt ziehen ließ. Schon bald nach Ausbruch des ersten Weltkrieges verwandelte sich der militärisch genutzte Teil des Großen Dreeschs in eine moderne Feldbefestigung. Am Südostabhang des Monumentenberges, oberhalb des Grünen Tales, entstand der komplette Nachbau eines Frontabschnitts, ausreichend für die Kriegsübungen eines Zuges von 60 bis 70 Mann. Es entstand ein ausgeklügeltes Grabensystem mit Hauptkampfgraben, sich von ihm wegwindenden Nebenarmen und Verbindungsgräben, Stellungen für Horchposten und ein Maschinengewehr. Auch an möblierte Unterstände und Latrinen für die Mannschaften war gedacht worden. Beschützt vor dem vermeintlichen Gegner wurde das Ganze durch zahlreiche Hindernisse, reichlich Stacheldraht und auf der Erde ausgelegte Schlingen, auch durch sogenannte Wolfsgruben, etwa 80 Zentimeter tiefe Löcher mit spitzen Holzpflöcken zum Aufschlitzen der Feinde und letztendlich durch Spanische Reiter, eine Konstruktion zusammengesetzter Holzstangen, durch welche kein Gegner hindurchkriechen konnte. Anfangs bemühte man sich um möglichste Geheimhaltung. Später entschloss man sich, die Grabenanlagen auch weiten Teilen der Bevölkerung zugänglich zu machen. Interessenten fanden sich vornehmlich unter ehemaligen Soldaten und Teilnehmern an früheren Kriegen. Um die Anlagen in Augenschein zu nehmen, versammelte sich am Sonntag, dem 8. August 1915, eine Gruppe Altgedienter um 9 Uhr auf dem Alten Garten und marschierte geschlossen zum Großen Dreesch hinaus. Generalleutnant von Hoppenstedt, Exzellenz und Kontingentskommandeur, ließ es sich nicht nehmen, die Anwesenden persönlich zu begrüßen. Nach einer auf die Besonderheiten der Anlage hinweisenden Ansprache begab sich die Gruppe in die Schützengräben. Es folgte eine ausgiebige Besichtigung unter Führung eines Offiziers und mehrerer Unteroffiziere, welche bereitwillig und ausgiebig Auskünfte erteilten. Der Besuch der Anlagen war für die alten Krieger frei, jedoch waren auf dem gesamten Gelände Sammelbüchsen für freiwillige Gaben aufgestellt. Die Einnahmen wurden dem Roten Kreuz, dem Hilfswerk und anderen vaterländischen Einrichtungen zur Verfügung gestellt.Quelle: https://www.svz.de
Mit Farbe und Pinsel in 106 Meter Höhe
Schwerins „Telespargel“ wird generalüberholt / PGH „Lewa“ liefert exquisite Bestuhlung
Von Volkskorrespondentin Ilse Thonagel
Sicher ist es nicht ganz alltäglich wenn man einen Fahrstuhl benutzen muß, um zu seinem Gesprächspartner zu gelangen. Und sicher ist es auch recht ungewöhnlich, wenn dieses Gespräch dann 106 Meter über dem Erdboden stattfindet.
Kurz gesagt, ich bin zu Gast bei den Malern der PGH „Farbe und Raum“, die gegenwärtig den Schweriner Fernsehturm „beschlagnahmt“ haben. Kollege Salow und Lelleck vom Meisterbereich Obst scheinen sich in dieser Höhe recht wohl zu fühlen. Sie rücken dem Schwerine Telespargel mit Pinsel und Farbe tatkräftik zu Leibe. „Generalüberholung“ steht auf dem Plan, und die Kollegen von der PGH nehmen diese Aufgabe sehr ernst. Bis zum 15. Februar soll der Fernsehturm ein schickes Kleid bekommen, allerdings liebäugeln die Mitglieder der PGH mit einer vorfristigen Fertigstellung.
Zum drittenmal im Turmcafé...
Dazu sind die besten Voraussetzungen gegeben, denn die Kollegen Salow und Selleck sind das, was man im allgemeinen „alte Hasen“ nennt: sie arbeiten bereits zum dritten Male an der Renovierung mit.
Allerdings müssen sie die Räumlichkeiten im Turmcafé mit den Mitgliedern der PGH „Lewa“ teilen. Diese nämlich liefert eine exquisite Bestuhlung für das Café.
Daß die beiden PGH sich trotzdem nicht ins Gehege kommen, läßt sich wohl am besten daran beweisen, daß bis jetzt alle Arbeiten termingemäß ausgeführt wurden.
… und zweimal schon den Staatstitel
Kollege Lelleck ist langjähriges Mitglied der PGH „Farbe und Raum“ . „Natürlich war es schon eine Umstellung, der Eintritt in die PGH, erläutert er mir, aber ich habe es nicht bereut.“ Die Zusammenarbeit mit den Kollegen klappt auch ausgezeichnet. Die Bereiche der PGH stehen untereinander im Wettbewerb, der jedes Vierteljahr ausgewertet wird. Zweimal bereits wurde dem Meisterbereich, in dem die Kollegen Lelleck und Salow tätig sind, der Titel „Brigade der sozialistischen Arbeit“ verliehen. Und nicht zuletzt bei der Arbeit am Fernsehturm tragen die Kollegen von der PGH dazu bei, diesen Ehrentitel würdig zu verdeitigen.
Fernsehturm im Jahr 1968, vielen Dank an Herrn Legat.
Turmgaststätte 1967
1965, mit der Straßenbahn nach Zippendorf, eine kurze Wanderung durch die Felder und anschließend eine Besichtigung des frisch gebauten Schweriner Fernsehturms: Der Wochenendausflug der Familie Janke von Perleberg in die Bezirkshauptstadt Schwerin war perfekt.
Fernsehturm 1964
Gaststätte Fernsehturm 1963
Kommentare: 0